Verschiedene Nationen kicken gemeinsam

Mainzer Sportclub Vorwaerts Orient setzt sich seit 40 Jahren fuer multikulturelle Gesellschaft ein

Das Ziel, eine multikulturell ausgerichtete Gesellschaft zu fördern, haben die Gründer schon vor 40 Jahren in die Satzung von „Vorwärts Orient“ Mainz geschrieben. Und doch hat es Jahre gedauert, bis der erste Ausländer dem Verein beigetreten ist: ein Schweizer. Die jüngste Verstärkung der ersten Fußballmannschaft hat seine Wurzeln in Simbabwe.

1975 gründeten Orientalistik-Studenten und Mitglieder der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos den Verein. Damals gab es ausschließlich Fußballer. Die machen heute nur noch eine von sechs Abteilungen aus, der Leiter ist Shapour Falahat.

Der Taxi-Unternehmer ist Ende der 80er Jahre zu „Vorwärts Orient“ gekommen. Wann genau, kann er nicht mehr sagen: „Wir haben uns mit einem iranischen Team lose zum Fußballspielen auf einem Platz neben dem Campus getroffen“, erinnert er sich. Einer unter Hunden beliebten Toilette.

Nach und nach habe es sich rumgesprochen, dass es in der benachbarten Albert-Schweitzer-Straße einen Fußballclub gibt. „Der erste, der gewechselt ist, war Nasser Msaheri. Die anderen folgten dann tröpfchenweise.“

Falahat arbeitete damals noch als Bauingenieur in Frankfurt, später dann in Taunusstein. Als seine Arbeitgeber den Betrieb schlossen, gründete er ein Taxi-Unternehmen mit sich als einzigem Fahrer, seine Frau unterstützt ihn in der Verwaltung. Der Betrieb besteht seit 2001. Sein Studium an der Fachhochschule Mainz hatte er 1981 abgeschlossen.

Shapour Falahat ist ein freundlicher Mensch, der viel lächelt. Richtigen Glanz bekommt er in die Augen, wenn er von seinen beiden Söhnen erzählt: „Beide haben sich toll entwickelt. Ich bin richtig stolz auf sie.“

Die Vorwärts-Vorgeschichte kennt Falahat nur aus Erzählungen. Über denen liegt der Dunst eines Stoffes, dessen Besitz nicht verboten ist – nur der Erwerb. Es waren junge Menschen, Linke, und die Rebellion der späten 60er Jahre lag noch nicht lang zurück. Als Namen für ihren Verein wählten sie eine Kombination aus einem Verweis auf das Orientalistik-Institut und den Namen des SPD-Nachrichten-Organs.

Wenn Falahat den Verein von heute mit dem damaligen vergleicht, den er vor knapp 30 Jahren kennenlernte? „Es ist professioneller geworden.“ Wäre früher vieles über das Engagement weniger gelaufen, so gebe es heute eine feste Ordnung: „Es gibt jedes Jahr eine Generalversammlung, dann wird ein Abteilungsleiter gewählt und drei, vier Leute, die zusagen, ihn zu unterstützen.“

Falahat kickt mit seinen 66 Jahren immer noch – mit den „Alten Herren“. Seine Position ist das Zentrum des defensiven Mittelfelds oder der Abwehr. Hoch hinaus kam die erste Mannschaft nie. 2008 stieg sie in die Kreisliga auf – hielt sich dort aber nur drei Jahre.

Politisches Interesse lässt nach

Wobei ohnehin das Gesellige im Vordergrund stehe. Ein beliebter Treff ist etwa das Restaurant neben dem Uni-Fußballplatz. Auch veranstaltet „Vorwärts Orient“ zwei große Feste im Jahr: die Weihnachtsfeier und das iranische Neujahrsfest. Das fällt auf den Frühlingsanfang im deutschen Kalender. „Früher wurde das Frühlingsfest von politischen Gruppen organisiert.“ In den letzten Jahren habe „Vorwärts“ die Feier übernommen.

Die iranische Gemeinschaft in Mainz werde zunehmend unpolitischer, berichtet Falahat. Er selbst spürt bei sich, wie das Interesse nachlässt: „Es ist schon enttäuschend, wenn immer wieder ein neuer Präsident kommt, sich aber eigentlich nichts ändert.“

Vor zwei Jahren bekam der Platz an der Albert-Schweitzer-Straße Kunstrasen. „Wir waren die Letzten in Mainz, die noch auf einem Hartplatz spielen mussten.“ Zuletzt sei es aufgrund dieses unbequemen Belags schwer geworden, Spieler bei der Stange zu halten. Nun sei der Platz richtig schön geworden, weckt aber auch das Interesse anderer Vereine, die sich dort ansiedeln wollen. Und: „So langsam wird es eng.“

Selber gewinnt „Vorwärts Orient“ seinen Nachwuchs traditionell an der benachbarten Uni. Das jüngste Beispiel sei jemand, der in Simbabwe geboren und dann aus Nordhessen zum Studium nach Mainz gekommen sei. Er habe vorgespielt. Hätte es nicht gereicht, hätte er bei den „Alten Herren“ mitkicken können. Doch die erste Mannschaft hat ihn aufgenommen. Integration bleibt das Vereinsziel. Und: „Wir hatten sogar schon einen Spieler aus Saarbrücken.“

Quelle: www.allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz

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40 Jahre FAZ am Freitag

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